Stefanie Rudolph

Polyester & Co

Das Dilemma mit dem Kunststoff

Man kommt kaum umhin, zuzugeben, dass Kunststofffasern durchaus ihre Daseinsberechtigung mit Blick auf textile Eigenschaften haben. Polyester und andere synthetische Fasern werden nicht nur häufig im Modebereich verwendet, weil sie besonders günstig sind, sondern auch, weil sie Eigenschaften haben, die bisher noch keine natürliche Faser vollumfänglich ersetzen kann. Weniger vertretbar sind allerdings die Auswirkungen von Kunststoff auf die Umwelt – der Kompromiss: Recycelte Kunststofffasern.

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Eigenschaften von Kunstfasern in Bekleidungstextilien

Insbesondere im Sport- und Bademoden Bereich sind Kunstfasern sehr schwer wegzudenken, denn nichts trocknet so schnell wie ein Polyestergewebe und behält dadurch auch zusätzlich noch seine Leichtigkeit. Auch in puncto Elastizität sind Kunstfasern nicht zu übertreffen, was sie vor allem im Sports- und Athleisure Bereich sehr beliebt macht. Auch Wasserflecken sind auf synthetischen Materialien oft unsichtbar. Flecken durch Verunreinigungen sind aus Polyester-Materialien meist leichter zu entfernen als aus Naturfaser Textilien. Ein weiterer Pluspunkt ist die Formstabilität und “Faltenfreiheit” von Kunststoff Textilien. Sie laufen nur schwer ein im Vergleich zu Naturfaser Produkten wie z.B. Baumwolle und bleiben komplett knitterfrei.

Die Doppelbedeutung der Langlebigkeit

Ein wenig widersprüchlich in sich ist die Langlebigkeit, die mit Kunststoff Materialien einhergeht. Prinzipiell ist es im Modebereich lobenswert, wenn ein Produkt eine lange Lebensdauer bieten kann, aber: Gibt ein Baumwollshirt dann doch mal den Geist auf, kann man es theoretisch kompostieren. Anders verhält es sich mit Kunstsoff. Landet dieser z.B. wie so oft, im Meer, braucht es, je nachdem in welche Form man ihn gebracht hat, Jahrzehnte bis Jahrhunderte bis das Material sich vollständig zersetzt hat. So sind es bei einer Plastiktüte bis zu 20 Jahre, bei einem Becher bis zu 50 Jahre und bei einer Plastikflasche bis zu sage und schreibe 450 Jahre. Auf dem Weg dahin bringt dieser Müll aber erst noch einige Meeresbewohner um und, wenn er sich dann aufgelöst hat, ist der Spuk noch nicht beendet.

Als Mikroplastik gelangt das Material über Fische in die Nahrungskette - und wird wiederum zur Gefahr für Mensch und Tier.

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Der Plastikabfall wächst weiter


Über 100 Millionen Tonnen Plastikabfall schwimmen bereits in den Meeren, und jährlich kommen acht Millionen Tonnen hinzu. Schon 2050, so schätzen Fachleute, gibt es in den Ozeanen mehr Plastik als Fische. Die Lösung wäre, sollte man meinen, die Plastikproduktion massiv herunterzufahren und an Alternativen zu arbeiten. Aber da es so schön praktisch und vor allem günstig ist, wird die Plastikproduktion stattdessen laut Guardian in den kommenden zehn Jahren entsprechend einer Expertenschätzung um weitere 40% steigen. Verschiedene Unternehmen, unter anderem auch aus der Öl & Gas- sowie Petrochemie Branche, haben demzufolge seit 2010 mehr als 180 Milliarden Dollar in neue Plastikfabriken gesteckt, in denen sie künftig Verpackungen, Flaschen, Transportbehälter und ähnliches herstellen wollen.

Was uns bleibt sind die Bemühungen, das bestehende und kommende Plastik möglichst sinnvoll zu nutzen bzw. weiter- und wiederzuverwerten. Recycling ist hier das grosse Thema in aller Munde. Überraschend gering sind dann doch die Zahlen dazu.

Zwar liegt die Recycling-Quote für Plastik in Deutschland laut Angaben der Industrie bei mehr als 90 Prozent, bezieht sich aber ausschließlich auf jenes Plastik, das auf dem vorgesehenen Wege entsorgt wird. Berücksichtigt man zusätzlich alle Plastikabfälle, die im falschen Mülleimer landen oder wild weggeworfen werden, so dürfte die Recycling-Quote in Deutschland kaum höher als 60 oder 70 Prozent sein - wenn überhaupt.

Doch auch hiermit schneidet Deutschland im internationalen Vergleich bereits gut ab. Dies bestätigt sich auch mit Blick auf eine US-Studie, die die seit den 1950er Jahren weltweit produzierte Menge an Plastik ermittelt und den Mengen an Plastikmüll, die es in einen Recycling Kreislauf geschafft haben, gegenübergestellt hat.

8,3 Milliarden Tonnen : 600 Millionen Tonnen. Das entspricht einer langfristigen Recycling-Quote von weltweit etwas mehr als sieben Prozent.

Recyceltes Polyester ist besser für den Planeten

Recyceltes Polyester, auch bekannt als recyceltes Polyethylenterephthalat oder kurz rPET, hat einen geringeren Kohlenstoff-Fußabdruck als sein junges Gegenstück PET. Eine Lebenszyklusanalyse aus dem Jahr 2017 ergab, dass die Herstellung von rPET 79 % weniger Kohlendioxid Emissionen verursacht als die von PET.

Polyester, das in der Regel aus erdölbasierten Rohstoffen gewonnen wird, macht mehr als 65 % der in der Textil- und Bekleidungsindustrie verwendeten Fasern aus, was bedeutet, dass der Einsatz von rPET als direkter Ersatz die schwindenden limitierten Ressourcen sofort entlastet.

Die Rückgewinnung von Kunststoffabfällen verhindert außerdem, dass diese zu Müll werden - oder zu Futter für Meerestiere wie Schildkröten und Wale.

Um die Transparenz zu fördern, können bestimmte Hersteller wie Repreve das rPET in der gesamten Wertschöpfungskette kennzeichnen, von der Flaschensammlung bis zur Auslieferung des fertigen Produkts.

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Recyceltes Polyester im Textilbereich ist zwar keine Endlösung, ABER...

Neben zahlreichen Befürworten äußern sich auch kritische Stimmen zu dieser Lösung und bezeichnen sie als eine Verlagerung und Verzögerung des Hauptproblems. Denn auch als Textil wird das Material nicht auf ewig in Verwendung bleiben und irgendwann doch die Mülldeponie oder direkt die Verbrennungsanlage erreichen. Bei Verbrennung von Plastik kann zwar Energie gewonnen werden, gleichzeitig können hierbei aber giftige Dämpfe freigesetzt werden, die wiederum ernsthafte Auswirkung auf Umwelt und Gesundheit haben können.

Ein anderes Argument, was sich eher auf die Verlagerung des Problems bezieht, ist, dass Kleidung aus recyceltem Polyester in der Waschmaschine ebenso Mikroplastik absondert, wie die in den Ozeanen treibenden Plastikflaschen. Abhilfe soll hier der Guppyfriend Washbag schaffen. Ein Wäschesack für Kleidung aus Kunststoffasern, der das Mikroplastik im Waschgang filtert und verhindert, dass es ins Abwasser gelangt.

Fazit: Bemühungen schätzen

Während manche Industriezweige scheinbar ohne mit der Wimper zu zucken die fortlaufende, ja gar steigende Plastikproduktion vorantreiben, versuchen andere den Schaden zu minimieren bzw. Lösungen zu finden, um aus dem Erbe, das ihnen ungefragt hinterlassen wird, etwas Sinnvolles zu machen. Zugegeben, ist die Lösung noch nicht vollständig ausgereift, aber es geht in die richtige Richtung. Und natürlich wird im Faserbereich auch stetig daran gearbeitet, alternative Lösungen für Kunstfasern zu finden, aber es reicht bei weitem noch nicht, um den gesamten Bedarf (alleine im Sportswear-Bereich) zu decken. Wenn es mal soweit ist, ist das für die Textilbranche sicher erfreulich, aber immer noch keine Lösung im Hinblick auf Plastikabfall als weltweites, nahezu alle Lebensbereiche umfassendes Problem.

Stefanie Rudolph