Stefanie Rudolph

Was Sie über Performance Materialien wissen sollten

Was sind Performance-Stoffe?

Performance-Stoffe sind Materialkonstruktionen, die entwickelt wurden, um bestimmte Eigenschaften wie Knitterfestigkeit, Feuchtigkeitstransport, Geruchsneutralisierung und diverse weitere zu erzielen. In der Bekleidung verarbeitet, können diese Materialien herausragenden Komfort, Widerstandfähigkeit oder besondere Funktionen ermöglichen.


Funktionsmaterialien sind keine Neuheit

Zugegeben - niemand musste das Rad neu erfinden. Innovationen auf diesem Gebiet gibt es seit Jahrhunderten. Der ursprüngliche Mackintosh-Mantel aus dem frühen 19. Jahrhundert beispielsweise enthielt gummierte Baumwolle zum Schutz gegen verschiedene Wetterbedingungen.

Feuchtigkeitsableitende Kleidung tauchte bereits in den späten 1980er Jahren auf, aber "sie war sehr teuer, und die Leute sahen nicht wirklich den Wert darin», sagt Matt Powell, leitender Berater für die Sportindustrie bei dem Marktforschungsunternehmen NPD Group. Die schleichende Integration von Funktionsstoffen in das Segment der Sportbekleidung ist repräsentativ für das Konsumentenverhalten hinsichtlich ihrer Reaktion auf neue Materialien. Am Ende dauerte es 10 Jahre, bis feuchtigkeitstransportierende Stoffe ihren kommerziellen Durchbruch erlebten. Schweiß, einst als Symbol für sportliche Ausdauer und körperliche Aktivität geschätzt, ist von der Haut der Athleten und gelegentlichen Fitnessstudio-Besucher verschwunden. In den letzten Jahrzehnten sind feuchtigkeitstransportierende Hochleistungsstoffe zu einem Standard in der Sportbekleidung geworden und haben Sweatshirts, Baumwoll-Spandex-Tops und Nylon-Laufhosen abgelöst.

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Die Symbiose zwischen Athleisure und Performance

Einerseits ist es relativ wahrscheinlich, dass der Athleisure Trend ohne Performance Materialien nicht in seinem heutigen Ausmaß existieren könnte, andererseits war es unter anderem der Aufstieg des Athleisure Trends, der die Nachfrage nach Funktionsmaterialien erhöhte. Der Hauptgedanke hinter der Athleisure Bewegung war die Vorstellung, dass man im Alltag - auch bei der Arbeit - etwas vergleichbar Bequemes wie eine Jogginghose tragen kann (ohne sie wirklich zu tragen). Und im Moment sieht es so aus, als ob diese Idee das Potenzial hat, mehr als nur ein etwas Vorübergehendes zu sein. "Der Trend zu immer mehr Komfort ist einer der wichtigsten Trends in der Modebranche von heute und wird so schnell nicht verschwinden", sagt Investor Chris Burch, während einer Investitionsrunde für die Athleisure Marke Swet Tailor.

Merke: Performance ist mehr als nur Athleisure

Performance Materialien sind eine treibende Innovationskraft in der Textilindustrie. Genauso, wie die Nachhaltigkeit die Modeindustrie mit dem fortschreitenden Klimawandel und der globalen Erwärmung zum Handeln drängt, haben Performance Materialien jetzt ein Stadium erreicht, das über jenes der Sportbekleidung hinausgeht. Sie haben Relevanz in unserem alltäglichen Leben erlangt, unabhängig davon, ob wir Sportler sind oder nicht. Von den schnell trocknenden Eigenschaften von Lyocell bis zum UV-Schutz von Merinowolle sind wir überall von intelligenten Materialien umgeben.


Performance vs. Technik

Hier geht es so gesehen um die Herkunft einer Funktion. Die spezifischen Eigenschaften eines Stoffes können sowohl auf der Materialkonstruktion als auch auf chemischen und natürlichen Ausrüstungen beruhen. Wenn Faserzusammensetzung, Garnkonstruktion und Webtechnik entscheidend sind, spricht man grundsätzlich von technischen Geweben. Natürlich kann eine Veredelungsanwendung darüber hinaus das Ergebnis optimieren und die Performance verstärken. Letztendlich tragen all diese Aspekte zur Langlebigkeit des Gewebes in einer anspruchsvollen Umgebung bei. Technische Performancegewebe sind in der Regel teurer als die Alternativen, aber dafür bieten sie den größten Wert und den geringsten Kompromiss zwischen Langlebigkeit und Stil.

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Knitterfrei & bügelfrei

Die Knitterresistenz eines Gewebes hängt von mehr als nur einem Faktor ab. Das gewählte Material spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Webkomplexität oder die Endbehandlung. Geht man von einer Herstellung ohne unterstützende Ausrüstung aus, sind Wolle und synthetische Fasern weniger knitteranfällig als z.B. Leinen und Baumwolle. Ein weiterer entscheidender Parameter ist die Webmethode. Im letzten Schritt kann ein Gewebe chemisch behandelt werden, um Falten zu verhindern oder gar das Bügeln überflüssig zu machen. Stoffe ohne zusätzliche Ausrüstung schneiden hinsichtlich der Performance in der Regel nicht so gut ab, obwohl es Ausnahmen gibt, wie z.B. Materialien aus Merinowolle.

Wolle für Sport- & Businesskleidung (& Nachhaltigkeit)

Wool Close-up
Wool Close-up


Der Gedanke, Wolle beim Sport zu tragen, scheint im ersten Moment ein wenig paradox, wenn wir nicht gerade über Wintersportarten sprechen. Jedoch: die Entwicklung ultrafeiner Merinofasern ermöglicht es den Textilproduzenten, Kleidungsstücke herzustellen, die sehr leicht und geschmeidig sowie natürlich atmungsaktiv und temperaturregulierend sind - eine Eigenschaft, die der Merinowolle eigen ist und die den Träger warmhält, wenn es kalt ist, und kühlt, wenn es heiß ist. Merinowolle ermöglicht eine sehr schnelle Verdunstung von Schweiß, was noch einen weiteren Vorteil mit sich bringt: weniger Waschen. Da der Schweiß schneller vaporisiert, haben geruchsbildende Bakterien nicht genügend Zeit, sich zu entwickeln. Darüber hinaus enthält jede einzelne Merinofaser antimikrobielle Eigenschaften dank des Lanolins - eine wachsartige Substanz, die naturgegeben in der Schafwolle vorkommt. Lanolin verhindert das Wachstum von Bakterien und hemmt dadurch die Entstehung von Gerüchen. Aber nicht nur Sportler profitieren von dieser Charakteristik. Diese textile Eigenschaft kommt z.B. auch Vielreisenden zugute, egal, ob aus geschäftlichen oder privaten Gründen – für Liebhaber von minimalistischer Reisegarderobe oder für Geschäftsleute mit langen, herausfordernden Tagen. Alle Teile bleiben länger frisch - sogar Socken. Gleichzeitig ist es ein einfacher Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, da 25% des CO2-Fußabdrucks eines Kleidungsstücks im Laufe seines Lebens durch dessen Reinigung verursacht werden.

Keine Bakterien = kein Geruch. Geruchsresistente Technologien (und Nachhaltigkeit)

Es ist nicht unbedingt der Schweiß, der zum Geruch führt - es sind vielmehr die Bakterien. Aus diesem Grund verwendet die Textiltechnologie antimikrobielle Zusätze und setzt auf Behandlungen mit Metallen wie Silber, Zink und Kupfer. Einige verwenden chemische Zusätze, andere, wie Life Material Technologies, fanden eine ganz natürliche Lösung: Pfefferminz-Pflanzenextrakte, starke antibakterielle Substanzen, die der Faser zugesetzt werden. Nach Angaben der Marke sollten die geruchshemmenden Eigenschaften über 50 Waschgänge beibehalten werden können und Anwendung bei Kleidungsstücken, Bettwäsche oder Handtüchern finden. Letztendlich leistet jegliche geruchshemmende Technologie einen kleinen Beitrag in puncto Nachhaltigkeit, da geruchslose Kleidungsstücke seltener gewaschen werden müssen. Dies wiederum kann dem Verbraucher helfen, Wasser, Energie, Zeit und Geld zu sparen und dies ermöglicht im Endeffekt auch eine längere Lebensdauer des Produktes.

UV-Schutz-Stoffe: Performance und Technologie unter der Sonne

UV Protection
UV Protection


Stoffe, die UV-Schutz bieten, sind vielleicht nicht neu, die Art und Weise, wie sie dies tun, hingegen schon. Das Bedecken des Körpers durch Kleidung schützt uns prinzipiell auf natürliche Weise vor UV-Strahlung, allerdings erfordern die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt eine Verbesserung dieses Schutzes und die Modetechnologie ermöglicht es uns, diesen zu gewährleisten. Darüber hinaus richtet die Innovation im UV-Schutz ihren Fokus auf Nachhaltigkeit, und die Forschung sucht nach organischen und umweltfreundlichen Substanzen, die Materialien hinzugefügt werden können, um diese auf natürliche Weise UV-beständig zu machen. Gängig sind hier Zusätze wie Aloe Vera, Merinowolle, Seetang, Ringelblume und Pflanzenextrakte der chinesischen Schädeldecke. Einige von ihnen verbessern nicht nur die UV-Beständigkeit eines Gewebes, sondern können laut neueren Studien auch antimikrobielle oder wasserabweisende Eigenschaften mit sich bringen. UPF-verstärkte Materialien sind bereits in Bade- und Sportbekleidung sowie in Freizeit- und Kinderbekleidung enthalten, da sie uns helfen, uns gegen schädliche Sonneneinstrahlung über längere Zeiträume zu schützen, sei es im Wasser, beim Sport, bei Aktivitäten im Freien oder sogar auf dem Weg zur Arbeit.

Innovation vs. Neuerfindung

Auch, wenn essentielle Technologien häufig bereits gegeben waren und nicht alles von Grund auf neu erfunden werden musste, sollte man die erzielten Fortschritte im Bereich der Performance Materialien nicht unterschätzen, insbesondere was den Einsatz natürlicher Lösungen anstelle von chemischen Komponenten betrifft. Zudem hat das Beispiel der feuchtigkeitstransportierenden Stoffe deutlich gezeigt, dass Innovationen manchmal nicht geschätzt oder honoriert werden, wenn sie dem Zeitgeist zu weit voraus sind. Ist die Zeit dann reif, greifen Forscher oder Erfinder folglich auf bereits existierende Technologien auf. Ein weiterer Grund, mit vorhandenem Wissen zu arbeiten - ein Patent ist schwer zu erhalten. Gebrauchspatente in der Modeindustrie, die sich auf Textilien beziehen, werden immer üblicher, was bedeutet, dass dieser Bereich immer überfüllter wird. Da ein Gebrauchsmuster eine nützliche Erfindung schützt, die neu und nicht offensichtlich ist, wird es zunehmend schwieriger, etwas zu erfinden, das den Anforderungen eines Patents entspricht. Folglich konzentriert man sich darauf, bestehende Technologien zu verfeinern, zu verbessern, zu kombinieren und neu zu erfinden – und offen gesagt, das Ergebnis ist doch recht bemerkenswert.

Fazit

Im Laufe der Geschichte haben wir gesehen, wie der Sportbekleidungsmarkt Materialinnovationen vorantreibt und damit den Weg für Performancestoffe innerhalb der Bekleidungsindustrie ebnet. Nicht-Sportbekleidungsmarken adaptieren und übertragen die vorhandenen Technologien auf Freizeitkleidung und andere Lebensbereiche. Der Trend zu nachhaltiger Mode entwickelt sich weiter und verschmilzt mit verschiedenen Performance Merkmalen. In der Folge entsteht eine Vielfalt von leistungsfähigen und/oder nachhaltigen Textilien, deren Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. Als eine Gemeinschaft von Modedesignern und Textillieferanten ist es unsere Aufgabe, die zunehmend verfügbaren Technologien aufzugreifen, zu kombinieren und neue, wertvolle Möglichkeiten im Bereich der Hochleistungsmaterialien zu schaffen und sie an die verschiedenen Lebensabschnitte und Lebensweisen anzupassen.

Stefanie Rudolph